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Verweildauer im Voramt als Kriterium für Beförderungsauswahl?

Verweildauer im Voramt in der Rechtsprechung zum Konkurrentenschutz

Die Verweildauer in einer beamtnrechtlichen Position sagt nichts über die Leistungsfähigkeit aus, das dürfte allgemein anerkannt sein.
Es werden aber vielfach gewisse Mindestwartezeiten gefordert, zum Beispiel in den Beamtengesetzen ein Abstand von einem Jahr (oder mehrt) seit der letzten Beförderung.
Auch gib es Regelungen in Dienstvorschriften usw.
Diese Regelungen sind im Streitfall darauf hin zu untersuchen, ob sie rechtmäßig sind.
Wir stellen Ihnen dazu zwei Beispiele vor. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg beleuchtet den Stand der Diskzussion, die weitere Darstellung gibt frühere Meinungsäußeruingen wieder.

Mindestverweilzeit nicht länger als Beurteilungsperiode

Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 05.01.21 - 14 E 564/20 -

Randnummer 55
3. Des Weiteren begegnen auch das von der Antragsgegnerin durchgeführte Auswahlverfahren ebenso wie die Auswahlentscheidung letztlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Randnummer 56
Zwar dürfte – eine wirksame Einbeziehung der vierjährigen Mindestverweilzeit nach dem Personalentwicklungskonzept der Antragsgegnerin unterstellt [hierzu a)] – ein Fehler des Auswahlverfahrens vorliegen, da diese den Regelbeurteilungszeitraum der Antragsgegnerin von drei Jahren übersteigt und hierfür keine den Anforderungen der Rechtsprechung genügende sachliche Rechtfertigung bestehen dürfte [hierzu b)]. Indes kann beides vorliegend offen bleiben. Denn ein solcher Mangel des Auswahlverfahrens hätte vorliegend keine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers zur Folge, da seine Auswahl im Verhältnis zu der Beigeladenen im Falle einer erneuten Auswahlentscheidung (unter Vermeidung dieser Fehler) von vorneherein ausgeschlossen erscheint [hierzu c)] und andere Mängel des Auswahlverfahrens nicht ersichtlich sind [hierzu d)]. Im Einzelnen:
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a) Ob eine Einbeziehung der Anforderungen des Personalentwicklungskonzepts gemäß den Zentralen Dienstvorschriften ZDv A-1340/16 bzw. ZDv A1-1340/16-5000 (in der zum Zeitpunkt der Ausschreibung und Auswahlentscheidung geltenden Fassung vom 2. Juli 2019) in das streitgegenständliche Auswahlverfahren erfolgt ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
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aa) Gemäß Ziffer 2087 i.V.m. 2024 ZDv A1-1340/16-5000 wird – insoweit abweichend von Ziffer 341 ZDv A-1340/16 – für bestimmte Tätigkeitsfelder einschließlich unter anderem der Fachrichtungen Ethnologie und Geschichtswissenschaften im höheren sprach- und kulturwissenschaftlichen Dienst innerhalb der Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes auf die Anwendung des Verwendungsaufbaus, d.h. die darin vorgesehene Verwendung auf zwei unterschiedlichen Dienstposten für jeweils mindestens zwei Jahre im Statusamt A15 verzichtet, ohne dass aber die Mindestdauer der jeweiligen Phasen berührt wird. Insoweit kann vorliegend zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass auch der Antragsteller – ebenso wie die Beigeladene – zum Kreis der von dieser Sonderregelung begünstigten Beamtem gehört, da andernfalls seine Beförderung nur nach einer Tätigkeit im Rahmen von zwei unterschiedlichen Fachverwendungen im Statusamt A15 zulässig wäre, die ersichtlich nicht vorliegt.
Randnummer 59
Zweifelhaft erscheint die Geltung der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Mindestverweilzeit von vier Jahren im Statusamt A15 hier, weil – wie der Antragsteller geltend macht – dieses (nach Ziffer 2026 der ZDv A1-1340/16-5000 konstitutive) Kriterium sich nicht unmittelbar aus dem in der Ausschreibung festgelegten Anforderungsprofil ergibt und die Ausschreibung auch sonst keinen Hinweis auf etwaige weitere, sich aus diesen Dienstvorschriften ergebende Anforderungen enthält. Dies steht dem gerade für die Festlegung konstitutiver Anforderungen geltenden Grundsatz entgegen, dass aus der Stellenausschreibung hervorgehen muss, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (BVerwG, Beschl. v. 20.6.2013, 2 VR 1/13, juris Rn. 49). Allerdings dürften diese Vorgaben bei derartigen allgemein gültigen und für die Beamtinnen und Beamten durch den Dienstherrn zugänglich gemachten Dienstvorschriften nicht uneingeschränkt gelten. Denn in der Rechtsprechung ist die Beachtung derartiger Dienstvorschriften – unter anderem auch die hier streitgegenständliche ZDv A-1340/16 der Antragsgegnerin – mehrfach auch ohne ausdrückliche Aufnahme der sich daraus ergebenden Kriterien in den Ausschreibungstext bzw. einen Hinweis im Ausschreibungstext als zulässig angesehen worden. Hierfür spreche, dass es sich bei diesen Regelungen um Verwaltungsvorschriften handele, durch die der Dienstherr sich selbst binde, um in seiner Verwaltungspraxis eine gleichmäßige Ermessensausübung sicherzustellen. Es stehe dem Dienstherrn frei, seine Verwaltungspraxis aus sachlichen Gründen für die Zukunft zu ändern und zu diesem Zweck (geänderte) ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften zu erlassen; die Anwendung von Verwaltungsvorschriften auch auf Auswahlverfahren, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen waren, sei daher rechtlich bedenkenfrei. Es obliege dem Dienstherrn zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt er seine Verwaltungspraxis ändere; betroffen von der Änderung seien dann alle Entscheidungen, die ab diesem Zeitpunkt zu treffen sind (so in Bezug auf eine erst nach der Ausschreibung, aber vor der Auswahlentscheidung in Kraft getretene Dienstvorschrift auch VG Köln, Beschl. v. 27.8.2018, 15 L 1612/18, juris Rn. 15ff.; hierzu nachgehend - allerdings ohne auf diese Frage ausdrücklich einzugehen - OVG Münster, Beschl. v. 2.10.2018, 1 B 1357/18, juris; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 20.8.2019, 6 CE 19.1322, juris Rn. 16; abweichend allerdings in Bezug auf eine als streng vertraulich behandelte sog. „Fachliche Konzeption“, aus der sich eine Höchstaltersgrenze ergab VG Ansbach, Beschl. v. 17.7.2019, AN 1 E 18.01632, juris Rn. 56ff.).
Randnummer 60
Für das vorliegende Verfahren bedarf indes die Frage, ob eine Einbeziehung der Anforderungen der ZDv A-1340/16 bzw. ZDv A1-1340/16-5000 wirksam erfolgt ist, keiner abschließenden Entscheidung, da – sofern eine Mindestverweilzeit von vier Jahren wirksam einbezogen und auch auf den Antragsteller anzuwenden wäre – diese Vorgabe nicht den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen an die Bestenauslese entsprechen dürfte [siehe nachstehend b)], so dass es für eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers auf seine Erfolgsaussichten bei einer rechtmäßigen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens ankäme und diese hier abzulehnen sind [siehe dazu nachstehend c)]. Entsprechendes gilt, wenn eine Mindestverweilzeit aufgrund der fehlenden Einbeziehung dieses Merkmals in das streitgegenständliche Auswahlverfahren von vorneherein bei der Auswahl nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen bzw. wenn der Dienstherr das vorliegende Auswahlverfahren hätte abbrechen müssen, um bei der Auswahl nicht einen Verstoß gegen Art. 3 GG wegen der mangelnden Berücksichtigung der für ihn bindenden Beförderungsrichtlinien aus dem Personalentwicklungskonzept zu begehen.
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b) Vorliegend bestehen darüber hinaus erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Auswahlverfahrens aufgrund des Umstands, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller ausdrücklich unter Hinweis auf die Vorgaben der ZDv A1-1340/16-5000 bereits aufgrund der Nichterfüllungen der Mindestverweilzeit von vier Jahren im Statusamt A15 aus der Auswahl ausgeschlossen hat. Denn eine solche Verweilzeit dürfte rechtswidrig sein, weil sie den Regelbeurteilungszeitraum der Antragsgegnerin von drei Jahren übersteigt, ohne dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung ersichtlich ist.
Letztlich bedarf aber auch diese Frage hier keiner abschließenden Entscheidung aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten des Antragstellers bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens [hierzu c)].
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aa) Grundsätzlich gilt, dass Wartezeiten der hier in Rede stehenden Art (sog. „Bewährungszeiten“) nicht an unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte anknüpfen‚ so dass von ihnen der Zugang zu einer den Grundsätzen der Bestenauswahl unterliegenden Beförderung oder der Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens nur unter besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf. Derartige Wartezeiten stehen nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang‚ wenn sie der sachgerechten Anwendung des Leistungsgrundsatzes dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck‚ die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen‚ setzt dem zeitlichen Umfang solcher „Bewährungszeiten“ Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein‚ als es typischerweise erforderlich ist‚ um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter bzw. von der betroffenen Laufbahn ab‚ wobei der (diesbezüglich) für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum in aller Regel die Obergrenze darstellt (vgl. BVerwG‚ Urt. v. 19.3.2015, 2 C 12.14, juris Rn. 17; Urt. v. 28.10.2004, 2 C 23.03 juris Rn. 16; VGH München, Beschl. v. 20.8.2019, 6 CE 19.1322, juris Rn. 11ff.; Beschl. v. 14.3.2018, 6 CE 17.2444 juris Rn 17; OVG Münster‚ Beschl. v. 2.10.2018, 1 B 1357.18, juris Rn. 7; Beschl. v. 13.9.2017, 1 B 910/17, juris Rn. 19 m.w.N.).
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bb) Dementsprechend wird etwa eine mit dem Regelbeurteilungszeitraum übereinstimmende Bewährungszeit von drei Jahren nach Ziffer 335 ZDv A-1340/16 für zulässig gehalten (vgl. VGH München, Beschl. v. 20.8.2019, a.a.O.). Gleiches gilt für eine Mindestverweilzeit von insgesamt vier Jahren aufgrund der Vorgabe einer Verwendung auf mindestens zwei verschiedenen Dienstposten für mindestens zwei Jahre für eine Beförderung in das Statusamt A15 gemäß Ziffer 327 ZDv A-1340/16 (so VG Schleswig, Beschl. v. 23.10.2019, 12 B 17/19, juris Rn. 35). Denn auch wenn die Bewährungsdauer von insgesamt vier Jahren (zwei Verwendungen von zwei Jahren) damit über dem von der Rechtsprechung für den Regelfall vorgesehenen Vergleichsmaßstab des Beurteilungszeitraums von drei Jahren liege, entspreche diese Bewährungsfrist der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauslese. Durch die Vorgabe einer Bewährung durch zwei verschiedene Verwendungen bestünden besondere Umstände. Eine solche Bewährungsregelung sei mit der einfachen Forderung einer Bewährungszeit, sogenannte Stehzeiten, nicht vergleichbar, da sie zusätzlich das Vorliegen zweier verschiedener Fachverwendungen fordere. Diese formelle Voraussetzung verfolge das legitime Ziel einer umfassenderen Qualifikation des Beamten (Ziffer 326 ZDv) durch verschiedene fachliche Anforderungen. Vor diesem Hintergrund bedürfe es für eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung der Feststellung der praktischen Bewährung des Bewerbers in beiden Verwendungen und Fachbereichen (vgl. VG Schleswig, Beschl. v. 23.10.2019, 12 B 17/19, juris Rn. 35ff.).
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cc) Allerdings erscheint sehr zweifelhaft, ob diese nachvollziehbaren Erwägungen zur Rechtfertigung der Überschreitung des Regelbeurteilungszeitraums bei der Vorgabe von zwei verschiedenen Fachverwendungen auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Denn ein vergleichbarer sachlicher Anknüpfungspunkt dürfte in Bezug auf die Ausnahmeregelung gemäß Ziffer 2024 ZDv A1-1340/16-5000, die von diesem Merkmal aufgrund der fehlenden Umsetzbarkeit für die betroffene Gruppe der hoch spezialisierten Beamten absieht, nicht vorliegen. Dabei ist zu beachten, dass sich in dem hier betroffenen Bereich einer Tätigkeit als Dozent aus dem Übergang in anderes Statusamt bzw. der Übernahme eines anderen Dienstpostens eher geringere Auswirkungen auf die wahrzunehmenden Aufgaben ergeben dürften als in anderen Tätigkeitsfeldern. Durch den Verzicht auf eine zweite Fachverwendung wird für diesen Bereich aber die Beibehaltung der Mindestverweilzeit zu einer reinen Stehzeit, durch die keine verbesserten Erkenntnisse in Bezug auf das Leistungsvermögen eines Beamten erreicht werden kann. Daher begegnet die Vorgabe einer gegenüber dem Regelbeurteilungszeitraum längeren Bewährungszeit hier erheblichen Zweifeln. Denn allein die herausgehobene Bedeutung des Statusamts A16 und ein Interesse an einer einheitlichen Praxis der Antragsgegnerin für die Vergabe dieses Statusamts auch über unterschiedliche Laufbahnen hinweg dürfte nicht geeignet sein, eine derartige Regelung gemessen an den vorstehend aufgeführten rechtlichen Anforderungen an die gebotene Bestenauslese zu rechtfertigen.
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c) Letztlich bedarf diese Frage jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn die entsprechend den vorstehenden Ausführungen hier konkret in Betracht kommenden Mängel des Auswahlverfahrens begründen keine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers. Denn seine Auswahl erscheint im Verhältnis zur Beigeladenen im Falle einer erneuten – rechtmäßigen – Auswahlentscheidung nach den hierfür geltenden rechtlichen Maßstäben [hierzu aa)] von vorneherein ausgeschlossen. ...

Stehzeit / Verweildauer im Voramt am Beispiel des Laufbahnverlaufsmodells Polizei Hamburg 2008

Im weitesten Sinne passen auch solche Regelungen in die Rubrik "Beförderungsverbot", die bestimmte Stehzeit oder Verweildauer in einem Amt vorschreiben, bevor eine Beförderung zulässig sein soll.
In Hamburg gab und gibt es verschiedene Regelungen, zum Beispiel das (allgemein akzeptierte) Beförderungsverbot im Beamtengesetz, Vorgaben zur notwendigen Dienstzeit im ersten Einstellungsamt in der Laufbahnverordnung der Polizei usw.

In den Jahren 2007 / 2008 konstruierte sich die Polizei Hamburg ein Laufbahnverlaufsmodell, in dem u. a. vorgesehen war, dass für eine Beförderung zum POK (A10) nur in Frage komme, wer bereits seit sieben Jahren das Amt eines PK (A9) inne hatte, wobei man bestimmte Zeiten im Amt des Polizeihauptmeisters (A9 mittlerer Dienst) anrechnen wollte.

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 20.05.11 (u. a. 1 Bf 310/09) folgende Meinung zu dem LVM der Polizei Hamburg geäußert und mit seinen Urteilen die Schadensersatzansprüche von Beamten bestätigt, die wegen der erwähnten, als rechtswidrig erachteten Gestaltung des "Laufbahnverlaufsmodells" bei Beförderungsaktionen übergangen worden waren.

Das Urteil gründet sich auf Art. 33 II GG - Prinzip der Bestenauslese - und befasst sich zunächst mit der Zulässigkeit von Regelverweilzeiten als Voraussetzung für eine Beförderung. Dabei wendet es sich konkret den Geschehnissen in Hamburg im Jahre 2008 zu und bezeichnet eine Regelverweilzeit von sieben Jahren als rechtswidrig.

Im letzten Teil der Entscheidung werden die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs geprüft. Das OVG spricht dem damals übergangenen Beamten eine Entschädigung dafür zu, dass er zu Unrecht erst später befördert wurde.
In jenem Teil des Urteils werden die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs genauer erläutert (Schaden, rechtswidriges Vorgehen, Kausalität, Verschulden des Dienstherrn).

Der Entscheidung vorangegangen waren eine Vielzahl verwaltungsgerichticher Eilverfahren, erfolglose Widerspruchsverfahren und in erster Instanz von dem Verwaltungsgericht Hamburg mit erstaunlicher Begründung abgewiesene Klagen der benachteiligten Beamten.

Hamburgische Oberverwaltungsgericht, Urteile vom 20.05.11 - 1 Bf 310/09 - u.a.

Auszug aus den Gründen der Entscheidung

b. Das Auswahlkriterium der Regelverweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars (A 9) mit und ohne Anrechnung eines Teiles der im Amt eines Polizeihauptmeisters verbrachten Zeiten für eine Beförderung nach A 10 verletzt Art. 33 Abs. 2 GG.

b. a. Die öffentliche Verwaltung kann den Kreis der Bewerber für ein zur Verfügung stehendes öffentliches Amt im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit auf Grund sachlicher Erwägungen einengen (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1999, ZBR 2000, 377). Zu den sachlichen Erwägungen, die den Bewerberkreis einengen können, zählen die Vorprägung der Auswahlentscheidung durch das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.10, 2 C 22.09; Urteil vom 28.10.04, BVerwGE 122,147), die Rücksichtnahme auf personalpolitische Erwägungen eines anderen Dienstherrn hinsichtlich der Einbeziehung von Versetzungsbewerbern (BVerfG, Beschluss vom 11.11.1999, a.a.O.), die Beschränkung des Bewerberkreises auf Angehörige des internen Arbeitsmarktes (OVG Hamburg, Beschluss vom 29.12.05) sowie sonstige Belange, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerwG, Beschluss vom 28.10.04, a.a.O.).
Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen, bedarf die Berücksichtigung solcher Belange einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung trägt (BVerwG, Urteil vom 25.02.10, BVerwGE 136, 140; Urteil vom 28.10.04, a.a.O.; Beschluss vom 24.09.08, DöD 2009, 99).

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28.10.04, a.a.O., ausgeführt, dass Art. 33 Abs. 2 GG den Dienstherrn hindert, ein Mindestdienstalter für Beförderungsmöglichkeiten und die damit verbundene Wartezeit aus anderen als unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten vorzuschreiben. Die Beschränkung des Leistungswettbewerbs auf einen nach Dienstalter zusammengestellten Bewerberkreis trage dem von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten unbeschränkten und vorbehaltlosen Geltungsanspruch des Leistungsgrundsatzes nicht Rechnung.

Das personalpolitische Interesse an ausgewogenen Altersstrukturen habe keinen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Die verfassungsrechtlich gewährleistete exekutive Organisationsgewalt erstrecke sich zwar auch auf die personelle Ausstattung des öffentlichen Dienstes. Sie könne sich aber ihrerseits nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben entfalten, zu denen der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG gehöre. Wartezeiten für Beförderungen stünden nur dann mit dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG im Einklang, wenn diese geeignet und erforderlich seien, um eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen. Diese dürften nicht länger bemessen sein als der für die Regelbeurteilungen vorgesehene Zeitraum (BVerwG, Urteil vom 28.10.04, a.a.O).

Gleiches gilt in den Fällen, in denen sich die Wartezeiten nicht aus dem Dienstalter sondern als "Regelverweilzeit" ergeben. Bei der Anwendung des dem Dienstherrn im Rahmen des Leistungsgrundsatzes eingeräumten Beurteilungsspielraumes ist er verpflichtet, neben dem Interesse an der bestmöglichen Besetzung einer Beförderungsstelle auch dem Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Aufstieg Rechnung zu tragen. Deshalb darf er den Beamten nicht aus unsachlichen Gründen von der Beförderung ausschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.09.08, a.a.O.).

b. b. Der Ausschluss der Polizeibeamten von der Auswahl für ein Beförderungsamt A 10, die die Zeit für die Regelbeurteilungen von 4 Jahren (§ 4 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13.03.07, Beurteilungsrichtlinie Polizei) im Amt eines Polizei- oder Kriminalkommissars (A 9) verbracht haben und nicht zu den sog. Leistungsträgern gehören, ist danach mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht vereinbar.

Die Funktionsfähigkeit der Hamburger Polizei wäre ohne Berücksichtigung von Regelverweilzeiten bei der Beförderungsauswahl nicht ernsthaft gefährdet. Zwar mögen zeitliche Perspektiven hinsichtlich intendierter Karriereabläufe wegen ihres Berechenbarkeitseffektes für das Laufbahnverlaufsmodell insofern von Bedeutung sein, als sie akzeptanz- bzw. motivationsfördernde und damit systemstabilisierende Wirkungen zeigen und so letztlich die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg stützen, die auf Grund der hohen Arbeitsbelastung dringend auf hoch motiviertes Personal angewiesen ist. Daraus ergibt sich aber nicht, dass ohne die Beförderung nach Regelverweilzeiten die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg nicht gewährleistet wäre. Insbesondere angesichts der vielen Stellenhebungen in dem Haushaltsplan 2007/2008 und der sich dadurch eröffnenden Karrierechancen ist es nicht plausibel anzunehmen, dass ohne die Beachtung von Regelverweilzeiten ausschließlich nach Leistung und Eignung vorgenommene Beförderungen die Funktionsfähigkeit der Polizei Hamburg wegen mangelnder Motivation ihrer Beamten ernstlich gefährden würden. Es erscheint im Gegenteil nicht ausgeschlossen, dass dann, wenn auch für die Polizeibeamten, die nicht zu den weniger qualifizierten bzw. leistungsschwachen Beamten gehören, Beförderungen in absehbaren und planbaren Abständen nicht mehr gesichert sind, die Motivation für bessere Leistungen im Dienst eher anstiege, als nach dem 2008 praktizierten Laufbahnmodell. Denn nach diesem Modell kann eine Beförderung nach Ablauf der Mindestverweilzeit nur dadurch verhindert werden, dass sich der jeweilige Beamte als wenig leistungsfähig oder leistungswillig erweist.

Allerdings war die Beklagte nicht gehindert, eine Mindestverweilzeit in einem Amt vor einer Beförderung auf § 4 Abs. 3 Laufbahnverordnung der Hamburgischen Polizeivollzugsbeamten i. d. F. vom 18.12.07 - HmbLVOPol - zu stützen.
Danach sollten Beförderungen in Ämter der Funktionskreise 1 bis 3 nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Beginn der Probezeit oder der letzten Beförderung erfolgen. Ausnahmen waren insbesondere zulässig für Beamte im jeweiligen Eingangsamt der Laufbahnabschnitte I und II, wenn sie die Laufbahnprüfung mindestens mit der Note "gut" bestanden und danach entsprechende Leistungen gezeigt haben. § 9 Abs. 3 Nummern 1 und 2 HmbLVO blieb unberührt. Das Nähere regelte die zuständige Behörde. § 8 Abs. 2 RLLVM hatte dazu für Leistungsträger eine Mindestverweilzeit von 4 Jahren, im Falle einer mit "gut" abgeschlossenen Laufbahnprüfung von 3 Jahren (für Nichtpatentinhaber der WSP im LA I von 2 Jahren) vorgesehen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.


b. c. Die Berücksichtigung der Regelverweilzeiten von mehr als vier Jahren ist außer im Eingangsamt nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Besonderheiten des Polizeivollzugsdienstes mit ihren erhöhten Anforderungen an angemessenes Verhalten in unterschiedlichsten Situationen es mit sich bringen, dass die mit fortschreitendem Dienstalter zunehmende dienstliche Erfahrung ein besonders wichtiges Kriterium bei der Feststellung von Eignung und Befähigung für die Beförderungsentscheidung ist.
Zwar ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für das Eingangsamt A 7 bei ihren Beförderungsentscheidungen an eine Regelverweilzeit von fünf Jahren angeknüpft hat und bei Nachweis anforderungsgerechter Leistungen den mit zunehmendem Dienstalter typischerweise entstehenden Zuwachs an dienstlichen Erfahrungen und damit Eignung und Befähigung für die ersten Beförderungsdienstposten vorrangig berücksichtigte. Damit genügt § 7 Abs. 2 Laufbahnverlaufsmodell hinsichtlich der Beförderung von dem Eingangsamt Amt A 7 (Polizeimeister) nach A 8 (Polizeiobermeister) den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG (OVG Hamburg, Beschluss vom 28.05.09, 1 Bs 70/09, IöD 2009, 246).
Bei dem hier in Rede stehenden Beförderungsamt handelt es sich für den Kläger aber nicht um ein erstes Beförderungsamt, bei dem der Zuwachs an dienstlicher Erfahrung in den ersten fünf Dienstjahren zu Beginn des Eingangsamts in typischer Weise mit dem zunehmenden Dienstalter verbunden ist und ein solches, an das Dienstalter gekoppelte Maß an typischem Erfahrungszuwachs einen sachlichen Grund für die bevorzugte Berücksichtigung für die erste Beförderung darstellt. lm weiteren Verlauf der Dienstjahre eines Polizeibeamten kann ein solcher, an das Dienstalter gekoppelter typischer Zuwachs an Berufserfahrung und damit ein höherer Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen nicht als allgemeiner Erfahrungssatz festgestellt werden (BVerwG, Urteil vom 28.10.04, a.a.O.).

Außerdem handelt es sich bei dem hier maßgeblichen Amt eines aus dem mittleren Dienst aufgestiegenen Polizeikommissars (A 9), anders als die Beklagte meint, nicht um ein Eingangsamt. In Ausfüllung der inzwischen aufgehobenen Ermächtigung des § 100 BRRG hat Hamburg gesetzlich die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamten als Einheitslaufbahn bestimmt (§ 116 Abs. 3 HmbBG; siehe auch § 1 HmbLVOPol). Durch Art. 1 Nr. 3 der Änderungsverordnung vom 28.10.03 (HmbGVBl. S. 521) wurde § 4 Abs. 1 HmbLVOPol dahingehend geändert, dass Eingangsamt der Laufbahn grundsätzlich ein Amt der Besoldungsgruppe A 7 ist, sofern es sich nicht um sonstige Bewerber im Sinne des § 17 HmbLVO (Kriminalkommissaranwärter) handelt (OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.09, 12 Bf 71/09.F, n. v.).

[Anmerkung von uns:
Es folgt dann eine Art obiter dictum des Gerichts, welches sich im Jahr 2021 als prophetisch erweisen sollte, weil nämlich das Bundesverwaltungsgericht Mitte 2021 seine Rechtsprechung änderte und fortan auch die folgende These vertrat:]

b. d. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Beförderungen zum Polizei- bzw. Kriminaloberkommissar auf der Grundlage der Richtlinie zum funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg vom 18.12.07 auch deshalb nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechen, weil die Beklagte für die Auswahl die dienstlichen Beurteilungen nicht vollständig, sondern nur die Leistungsnote, nicht aber die Potenzialeinschätzung herangezogen hat, die nach Ziffer 6 der Beurteilungsrichtlinie Polizei integraler Bestandteil der Beurteilung ist. Insoweit wird auf den den Beteiligten bekannten Beschluss des Berufungsgerichts vom 17.02.10, 1 Bs 241/09, verwiesen.

c. Es wäre - was das Bundesverwaltungsgericht zur Voraussetzung einer Verletzung des Bewerberverfahrensanspruches zählt (BVerwG, Urteil vom 04.11.10, NJW 2011, 695) - auch ein Erfolg des Klägers bei einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung ernsthaft möglich gewesen. Der Kläger hat in seiner Beurteilung vom September 2008 eine Endnote von 4,0 Leistungspunkten und in der Potenzialeinschätzung in allen Merkmalen D "hoch ausgeprägt" erhalten. Die Beklagte hat selbst erklärt, dass sie den Kläger zum 01.02.08 befördert hätte, wenn sie die damals zur Verfügung stehenden Stellen allein nach Leistungskriterien vergeben hätte.

[Anmerkung: Hier folgen nun Ausführungen zu den Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen. Der folgende Teil der Entscheidung hat also eigentlich nichts mehr mit dem Problem der Stehzeit zu tun.]

2. Darüber hinaus besteht auch die erforderliche adäquate Kausalität zwischen der Verletzung des Bewerberverfahrensanspruches, der Pflichtverletzung, und dem behaupteten Schaden durch eine verspätete Beförderung. Diese setzt die Annahme voraus, dass die Behörde, wenn sie den Fehler im Auswahlverfahren vermieden hätte, voraussichtlich zu Gunsten des Beamten entschieden hätte. Dafür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre. Erst wenn feststeht, dass kein anderer Bewerber dem Beamten hätte vorgezogen werden dürfen, kommt Schadensersatz wegen unterbliebener bzw. verspäteter Beförderung in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 19.07.10, 2 B 114/09).

a. Hier ist nicht gänzlich aufklärbar, ob der Kläger befördert worden wäre, wenn die Beklagte den Fehler im Auswahlverfahren, nämlich die Beförderung leistungsschwächerer Bewerber mit einer Regelverweildauer von 7 Jahren, nicht begangen hätte. Zwar hat die Beklagte mitgeteilt, sie hätte den Kläger befördert, wenn sie die Beamten mit einer Mindestverweildauer von 4 bzw. 3 Jahren ausschließlich nach den Leistungsbeurteilungen im Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 befördert hätte. Zugleich hat sie aber darauf hingewiesen, dass sie nach Kenntnis der Beschlüsse des Berufungsgerichts vom 17.02.10 am 13.11.10 eine neue Beförderungsrichtlinie für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte der Polizei (BefRLPol) zugleich mit der Verordnung über die Laufbahn der Polizei - HmbLVO-Pol - vom 9.11.10 in Kraft gesetzt hat. Ob die Beklagte diese Regelungen bereits 2008 bei Kenntnis der Rechtswidrigkeit ihres alten Modells eingeführt hätte, ist ebenso unbekannt wie die Antwort auf die Frage, wie unter Zugrundelegung dieser Regelungen der Kläger damals abgeschnitten hätte. Insbesondere fehlte es in dem Zeitraum bis zu Durchführung der ersten Ernennungen zum 01.02.08 an vergleichbaren einheitlichen Beurteilungen. Wie die von der Beklagten im Verfahren 1 Bf 290/09 eingereichte Gesamtliste zeigt, reicht der Beurteilungszeitraum bei vielen der in die Bewerberauswahl einzubeziehenden Beamten über den 01.02.08 hinaus. Für den Zeitpunkt 01.02.08 lagen nicht von allen Konkurrenten vergleichbare Beurteilungen vor. ...

Diese mit Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs verbundenen Unsicherheiten ändern aber nichts daran, dass der Kläger voraussichtlich zum 01.02.08 befördert worden wäre, wenn die Beklagte die Beförderungen nicht rechtswidrig von der Regelverweildauer abhängig gemacht hätte. Die Beklagte hat selbst erklärt, dass sie den Kläger auf der Grundlage der von ihr auf der Basis der Beurteilungen für 2008 erstellten Rangreihenfolge aller damals für eine Beförderung in Betracht zu ziehenden Beamten und Beamtinnen befördert hätte. Die Durchsicht der Liste gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln.

Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht für den Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Nichtbeförderung (BVerwG, Urteil vom 17.08.05, BVerwGE 124, 99, vgl. auch BVerwG, Urteil vom 01.04.04, NVWZ 2004, 1258) ausgeführt:
„Ist die Feststellung eines hypothetischen Kausalverlaufs nicht möglich, weil der Dienstherr seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung der internen Entscheidungsfindung nicht nachgekommen ist, so haftet er jedenfalls denjenigen Bewerbern auf Schadensersatz, deren Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre ....
Danach war es Sache der Beklagten offen zu legen, . .. .
Diese Aufklärung hat der Beklagte nicht ermöglicht. ...
Daraus folgt, dass nicht festgestellt werden kann, wie die Entwicklung voraussichtlich verlaufen wäre, wenn der Beklagte davon Abstand genommen hätte, die Inhaber höherwertiger Dienstposten ohne Bewerberauswahl zu befördern, Dies zieht die Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin nach sich, weil diese bei der Vergabe der acht Beförderungsämter der Besoldungsgruppe A 12 im Bereich der Kriminalpolizei nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungsaussichten gehabt hätte. Denn am 5.01.00 kamen Kriminalbeamte zum Zuge, die in den ..., Regelbeurteilungen ... schlechter als die Klägerin bewertet worden waren.“

Danach trägt die Beklagte die Beweislast dafür, dass sich nicht bis ins Letzte aufklären lässt, ob der Kläger bei einem rechtmäßigen Vorgehen nicht nur wahrscheinlich, sondern tatsächlich in einem fehlerfreien Auswahlverfahren befördert worden wäre. Nach diesen Grundsätzen genügt , dass die Beklagte auf die eingehende Aufklärungsverfügung des Gerichts vom Januar 2011 erklärt hat, dass sie den Kläger nach Leistungsgesichtspunkten zum 01.02.08 ohne Berücksichtigung einer Regelverweildauer von 7 Jahren auf der Grundlage seines Rangplatzes befördert hätte, den sie nach den Beurteilungen der Beamten im Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 und nach den übrigen zuvor nach demselben Beurteilungsmaßstab erstellten anderen Beurteilungen für die für eine Beförderung in Betracht zu ziehenden Beamten ermittelt hat.

Insoweit ist im Übrigen auch deshalb auf die in dem Leistungsträgerfeststellungsverfahren 2008 im Laufe des Jahres nach dem 01.02.08 erzielten Beurteilungen abzustellen, weil die Beklagte voraussichtlich diese Beurteilungen zeitlich so vorgezogen hätte, dass sie sie zur Grundlage ihrer ab Februar 2008 getroffenen Beförderungsentscheidungen gemacht hätte, wenn sie von vornherein alle Beamte und Beamtinnen in das Beförderungsverfahren einbezogen hätte und nicht nur diejenigen, die die Regelverweildauer von 7 Jahren erfüllten. Denn nur weil sie für die Beamten, die die damals für die Beförderungen ab Februar 2008 vorgesehene Regelverweildauer von 7 Jahren nicht erfüllten, ein gesondertes und später durchgeführtes Leistungsträgerfeststellungsverfahren vorgesehen hatte, konnte sie davon absehen, für diesen Beamtenkreis rechtzeitig zum 01.02.08 vergleichbare und auf einem einheitlichen System beruhende Beurteilungen zu erstellen.

b. ...

3. Die Beklagte hat den Bewerberverfahrensanspruch des Klägers auch schuldhaft verletzt.

Sie hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem für den Dienstherrn handelnden Amtswalter erwartet werden kann. Jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes hat die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft zu prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung zu bilden. Eine letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich als vertretbar dar, wenn die Rechtslage nicht einfach zu beurteilen war und sie weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden ist (BVerwG, Urteil vom 25.10.2010 a.a.O.).

a. Die hier maßgebliche Rechtsfrage, dass die Beförderung in das Amt eines Polizei- bzw. Kriminaloberkommissars nicht von einer Regelverweildauer von 7 Jahren abhängig gemacht werden darf, hatte bereits das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.10.04, BVerwGE 122, 147, geklärt. In diesem Urteil ist ausgeführt, dass für die Besetzung von Beförderungsämtern ausschließlich der Leistungsgrundsatz gilt und Belangen, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, bei der Bewerberauswahl nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG Verfassungsrang eingeräumt ist. Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dieses Urteil sei zu der damals in Schleswig-Holstein vorgeschriebenen Mindestverweildauer von 10 Jahren ergangen. Sie habe gemeint, dem Leistungsgrundsatz ausreichend dadurch Rechnung zu tragen, dass besonders leistungsstarke Beamte bereits im Leistungsträgerfeststellungsverfahren nach einer Verweildauer im vorherigen Amt von nur 4 Jahren befördert werden könnten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist eindeutig. Die personalpolitische Zielsetzung, eine ausgewogene Altersstruktur einer Laufbahn zu gewährleisten, rechtfertigt es danach nicht, die Beförderungen von einem Mindestdienstalter abhängig zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht a.a.O. formuliert, dass - unzulässigerweise - durch eine altersbedingte Wartezeit, die keine Bewährungszeit darstellt, eine Vorauswahl der für eine Beförderung laufbahnrechtlich in Betracht kommenden Beamten nach dem Anciennitätsgrundsatz getroffen werde. Dadurch würden Beamte, die nicht das erforderliche Dienstalter aufwiesen, ungeachtet des Leistungsstands von Beförderungen ausgeschlossen.

Außerdem musste die Beklagte auch auf Grund des von ihr eingeholten gutachterlichen Stellungnahme von Prof. S. vom Dezember 2007 erkennen, dass ihr Laufbahnverlaufsmodell mit den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren war. Die Seiten 7 bis 13 des Gutachtens zeigen bei der gebotenen sorgfältigen Durchdringung klar, dass eine Regelverweildauer von 7 Jahren den Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

b. Das Verschulden der Beklagten entfällt auch dann nicht, wenn sie gemeint haben sollte, die Regelverweildauer von 7 Jahren aus haushaltsrechtlichen Gründen vorschreiben zu können. Die Auffassung ist nicht vertretbar, die Stellenvermerke an den Bündelstellen rechtfertigten es wegen des verfassungsrechtlich geschützten Budgetrechts des Haushaltsgesetzgebers, eine Regelverweilzeit von 7 Jahren vorzugeben.

Insoweit kann offen bleiben, ob das Budgetrecht der Bürgerschaft, da seinerseits von Verfassungsrang, wie die Beklagte vorträgt, dem Leistungsgrundsatz aus Art.33 Abs. 2 GG Grenzen setzen kann, oder ob es allein bei der Beurteilung relevant ist, ob Stellen zur Beförderung bereitstehen, für deren Besetzung im Wege der Auswahl dann in einem zweiten Schritt Art. 33 Abs. 2 GG gilt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit Art. 33 Abs. 2 GG auf die Entscheidung über die Bereitstellung von Stellen und die Bedingungen für ihre Besetzung ausstrahlt und ob insoweit Raum ist, das Budgetrecht im Wege praktischer Konkordanz mit den verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs.2 GG abzuwägen. Eine derartige Einschränkung des Leistungsgrundsatzes setzt in jedem Fall voraus, dass überhaupt ein derartiger - lösungsbedürftiger - Konflikt besteht. Ein derartiger Konflikt ist hier nicht gegeben: ..."
Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Konkurrentenschutz Konkurrentenschutz A - Z
Bewerbungsverfahrensanspruch
Organisationsentscheidung Organisationshoheit des Dienstherrn Dienst in höherwertiger Funktion wertgleiche Umsetzung Auswahl unter Bewerbern Konkurrenz nach Art. 33 II GG gesundheitliche Eignung Disziplinarverfahren Laufbahnbefähigung Beförderungsverbote Leistungsprinzip Beurteilung als Grundlage Hochschulrecht / Professur Konkurrenz um Richterstelle § 9 BBG (und AGG) spezielle Gesetze
Die Handhabung faires Auswahlverfahren Stellenausschreibung Pflicht? Ausschreibung / Kriterien Ausschreibung/ Anforderungsprofil Das weitere Auswahlverfahren Bewerbungsfrist Auswahl- / Vorstellungsgespräch Assessmentcenter Persönlichkeitstest Abbruch des Auswahlverfahrens Mitteilung von Ablehnung
Was tun im Streitfall? Überprüfung ist eilig Akteneinsichtsrecht Inhalt der Akten Widerspruch und/oder Klage Eilverfahren im Beförderungsstreit Der / die Beigeladene
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