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Entlassung eines Beamten auf Probe wegen Straftat im Dienst

Straftaten im Dienst machen sich nicht besonders gut, wenn es darum geht, dass die Eignung für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zu prüfen ist. Im nachfolgenden Fall wollte ein Beamter auf Probe dem Bundesverwaltungsgericht die Überlegung nahe bringen, in seinem Fall sei alles nicht so schlimm, weil er nur zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht antwortet ihm, er liege falsch, eine Mindestanzahl an Tagessätzen sei nicht vorgegeben. Die Entlassung sei in Ordnung.

Aber natürlich ist zu differenzieren: Hier geht es um eine eindeutig bewiesene Straftat geringen Gewichts, welche der Beamte auf Probe zum eigenen Vorteil während des Dienstes begangen hat, indem er unerlaubt in die dienstlichen Abläufe eingriff.
Beamte werden jedoch oft unbegründeten Strafanzeigen ausgesetzt sein, damit haben wir hinreichend Erfahrung.
Dann wiegen zwar die erhobenen Vorwürfe schwerer als im dargestellten Fall, aber wenn die Ermittlungsverfahren letztlich eingestellt werden oder Freisprüche erfolgen, haben die Verfahren natürlich auch keine dienstrechtlichen Konsequenzen.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.11.15 - 2 B 38.15 -

Die Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Gründe

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1. Der 1985 geborene Kläger wurde im März 2009 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Justizsekretär z.A. (Besoldungsgruppe A 6 LBesO) ernannt und bei einer Staatsanwaltschaft verwendet. Das Ende der Probezeit berechnete die Beklagte auf den Ablauf des 01.03.12. Ende Juni 2011 teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten im Hinblick auf den Ablauf der Probezeit des Klägers mit, dass dessen Bewährung derzeit nicht festgestellt werden könne. Der Kläger sei bereits in mehreren Abteilungen erprobt worden, sodass ein nochmaliger Wechsel innerhalb der Staatsanwaltschaft nicht in Betracht komme. Daraufhin wurde der Kläger vom August 2011 bis zum 31.01.12 an das Amtsgericht abgeordnet. Aufgrund des positiven Beurteilungsbeitrags des Amtsgerichts teilte die Staatsanwaltschaft der Beklagten Anfang Februar 2012 mit, dass sich der Kläger innerhalb der Probezeit bewährt habe und keine Bedenken bestünden, ihn zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.

3 Am 01.03.12 wurde gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts eingeleitet, Aktenkontrolleinträge in einem elektronischen Aktenverwaltungssystem der Staatsanwaltschaft manipuliert zu haben, um eine eigene fehlerhafte Aktenbearbeitung zu verbergen. Im Hinblick auf das Disziplinarverfahren wurde die Probezeit bis zum 01.03.13 verlängert. Eine Überprüfung der vom Kläger bei der Staatsanwaltschaft bearbeiteten Akten ergab, dass von 100 überprüften Verfahren lediglich 13 beanstandungsfrei waren. Die Staatsanwaltschaft kam im Sommer 2012 zu der Gesamtbewertung "die Leistung und Befähigung des Beamten entspricht nicht den Anforderungen". Mit Verfügung vom 07.11.12 entließ die Beklagte den Kläger mit Ablauf des 31.12.12 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Ende November 2012 verurteilte das Amtsgericht den Kläger wegen Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 Abs. 1 StGB) durch Manipulation in einem elektronischen Aktenverwaltungssystem der Staatsanwaltschaft zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Seine Berufung gegen dieses Urteil beschränkte der Kläger auf die Höhe des Tagessatzes.

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Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt, die Entlassungsverfügung vom 07.11.12 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ausgehend von der begrenzten gerichtlichen Überprüfbarkeit der Einschätzung des Dienstherrn hinsichtlich der mangelnden Bewährung eines Beamten auf Probe sei die Entlassungsverfügung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Annahme der Beklagten, der Kläger habe sich wegen der rechtskräftig abgeurteilten Fälschung beweiserheblicher Daten als für das Amt eines Justizsekretärs charakterlich ungeeignet erwiesen, überschreite den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht. Auch die Einschätzung der Beklagten, der Kläger habe sich in fachlicher Hinsicht nicht bewährt, weise keinen Beurteilungsfehler auf.


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Der Kläger sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage,
"ab wieviel Tagessätzen von einer mangelnden Befähigung auszugehen ist ".

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Der Beschwerdebegründung ist zu entnehmen, dass sich diese Frage auf die Beurteilung der charakterlichen Eignung des Probebeamten als Unterfall der persönlichen Eignung eines Probebeamten (BVerwG, Urteil vom 30.01.03 - 2 A 1.02) bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat bezieht.
Hierfür ist die Einschätzung entscheidend, inwieweit der Beamte der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit und Dienstauffassung gerecht geworden ist (BVerwG, Urteil vom 25.01.01 - 2 C 43.99 -). Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Probebeamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit. Mit der danach gebotenen Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände, bei der eine strafgerichtliche Verurteilung nur ein - allerdings wesentlicher - Faktor ist, ist die grundsätzliche Annahme, einer Verurteilung eines Probebeamten wegen einer auf das dienstliche Verhalten bezogenen Straftat komme für die Beurteilung seiner charakterlichen Eignung erst ab einer bestimmten Zahl von Tagessätzen ausschlaggebende Bedeutung zu, ansonsten sei sie unerheblich, unvereinbar.

Vorinstanzen:
VG Osnabrück - 18.04.2013 - AZ: VG 3 A 140/12
OVG Lüneburg - 24.03.2015 - AZ: OVG 5 LB 202/13

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